Texte vom 26.9.2010
Im RUPFENGEWAND, eingebettet
in den GRENZSCHNEE DER GIPFELHÄNGE
FROSTGEBÄNDERTE KÄFER in der Bauchfalte,
Du mit der FINSTERZWILLE, Du, mit dem Stein
am GEHEIMNISSTRUMPF strickend,
HALBVERDORRTER,
ausgetrieben von der LICHTKEULE
beraubt der ERFAHRENEN STILLE,
AUGENFINGRIG vermessen
in der eiskalten BLASENKAMMER.
Selbst im MOOSLAGER suchen sie
das ENTATMETE, den GEFÄHRLICHEN KEIMLING.
Der GESÖMMERTE SCHNEE gibt
nur Holzsplitter frei
und FAHLSTIMMIG schallt's aus dem ZEITHOF:
Knüpft mir's neu, knüpft mir's neu,
das RUPFENGEWAND
schoenfeldt - 27. Sep, 23:10
Wortfetzen wie die Felsbrocken
die herum liegen in Bamiyan
als haben sie keine Geschichte
grenzenlos brockig
herausgebrochen
der Erde zurückgegeben
nivelliert
nur bei genauem Hinschaun sieht man das Ungeheuerliche
das ihnen angetan wurde
die Zerstörung der menschlichen Sprache
jener,
die anders sich ausdrückten und heute nicht mehr sein dürfen
Bamiyan
Symbol der modernen Bücherverbrennung
Ikonoklasten mit Kalaschnikow und Sprengstoff
Geschichten in den Berg gehauen
und wieder vernichtet
hineingeschossen
in die Brüste
in die Schenkel
zuallererst das Gesicht zerstört
im Glauben
es seien Frauen
Buddha weiblich
wie alles
was fließt
Die Gewänder von Alexander zurückgelassen
geschenkt seiner Frau Roxana in der Hochzeitsnacht
alle Einwohner sind Kinder dieser Liebe
sind wunderschön... verschleiert die Frauen
des Gesichts beraubt wie die Buddhafiguren
du sollst dir kein Bildnis machen
der Mensch ist mein Ebenbild...welcher Mensch
Elektronisch gespeichert
entzieht sich die Realität
Und aus Gigabytes entsteht
die Schöpfung neu…
*
Aus: Jenny Schon, Wie Männer mich lehrten die Bombe zu halten und
ich sie fallen ließ, Geest Verlag, Vechta, 2009
schoenfeldt - 27. Sep, 23:08
Die Unduldsamkeit
Der alten Männer
Macht die Zeit
Sie läuft ihnen fort
Wie ihr Einfluß
Ihre Worte
Nennen sie Wahrheit
Und lassen keine
Andere zu
Schaun Sie das ist
So und nicht anders
Ist ihre Weisheit
Die Bomben auf
Dresden o.k.
Und die Kinder
Frage ich die Frauen
Und Alten und
Die Flüchtlinge
Unzählig
Ich bitte Sie
Wie hätte der Krieg
beendet
Werden sollen
Wir haben daraus
Gelernt sage ich
Und welche Möglichkeiten
Gibt es für den Irak
Gar keine
Saddam ist wie
Hitler
Und die Kinder
Frage ich die Frauen
Und Alten und
Die Flüchtlinge
Unzählig
Der alte Mann
Nimmt ein Buch
Über Jagdflieger
Im Zweiten Weltkrieg
Er muß seinen
Vortrag vorbereiten
Bald wird er
Keine Zeit mehr haben
Vorträge zu halten...
Ich aber frage
Weiter nach den
Kindern, den Frauen
Und Alten
Den Flüchtlingen
unzählig
Aus: Jenny Schon, Böhmische/Ceska Polka, dt.-cz., Geest Verlag, Vechta, 2005
schoenfeldt - 27. Sep, 23:01