Die "Carmer Eins"- Fragen des Monats (Oktober)

Folgende Fragen ergaben sich aus der letzten Lesung der Carmer Eins:

1. Darf Lyrik verständlich sein/muss Lyrik immer Nebelbomben werfen/wie trivial darf Lyrik sein?

2. Darf man Celan sampeln/ Darf man NACH CELAN noch Metaphern verwenden?

3. Sollten romantische Töne in der zeitgenössischen Lyrik ein Tabu sein?

4. Ist Pathos in der Lyrik überholt?

5. Warum macht Lyrik manche Hörer so wütend?
albannikolaiherbst - 1. Okt, 10:47

Parteiische Antworten.

1) Lyrik darf a l l e s sein & tun. Es muß "nur" g u t geschrieben sein.

2) Wozu Celan samplen? Und den Zusammenhang mit der zusammenhängenden Frage verstehe ich nicht. Denn: wie kann einer k e i n e Metaphern verwenden? Im übrigen verweise ich für die Verwendung von Metaphern auf Lobo Antunes, der nun n a c h Celan schrieb und so gut wie nur aus Metaphern sehr realistisch erzählt.

3) Es soll gar kein Tabu sein.

4) Ist leidenschaftliche Liebe ohne Pathos möglich?

5) Weil sie ihn - trifft. Oder weil er gewzungen wurde, sich Quatsch anzuhören.

schoenfeldt - 1. Okt, 12:25

Antworten und Fragen

zu 1. Was macht einen Text zu einem "gut geschriebenen" Text?
zu 2: Die Frage entstand in der (hier nachzulesenden) Diskussion über "Ötzi im Lichtzwang - Paul Celan sampeln" (auch hier nachzulesen) von Gunter Fezer.
Vielleicht meint Fezer, dass man nach Celan mit dem Dichten aufhören sollte?
zu 3. Sehe ich auch so.
zu 4. Nein.
zu 5. Was trifft?
FrauSchmidt - 2. Okt, 16:20

Antworten auf die Fragen des Monats

1. Der Autor/die Autorin der Lyrik sollte die eigenen Texte unbedingt verstehen und auf interessierte Fragen aus dem Publikum Antworten geben können- und wollen.
2. a)Wer ist Celan?!
b) Vor allem darf eine Autorin, ein Autor sich nicht einschüchtern lassen, von Nichts und von Niemandem.
3. Romantik erfordert Mut. Wer etwas zu sagen hat, möge es voller Sorgfalt und Ehrfurcht mit den Mitteln der Romantik ertönen lassen. Wem es um den schönen Klang der Worte geht, sollte große Vorsicht walten lassen, Romantik ist recht eigenwillig und ist umgeben von unendlich vielen, gutgefüllten Fettnäpfchen.
4. Die Frage versteh ich nicht und deshalb ist meine Antwort: Nein.
5. Nicht die Lyrik macht wütend sondern die Art, wie sie vorgetragen wird. Etwas weniger Arroganz, etwas mehr Demut täte manchen Lesenden gut.
Susanne S.

schoenfeldt - 4. Okt, 22:06

Celan

Paul Celan hat u. a. die "Todesfuge" geschrieben ("Der Tod ist ein Meister aus Deutschland…"), d a s Gedicht n a c h Auschwitz, kennst du vielleicht noch aus Schulzeiten ("Schwarze Milch der Frühe…"). Warum die Frage nach der Sampelbarkeit von Celans Gedichten (siehe Diskussion zur September-Lesebühne) auch die Frage nach den Umgang mit einst politisch-ästhetischen Gewissheiten und Paradigmen aufwirft. Bevor Celan die Todesfuge veröffentlichte (sie entstand 44/45), gab es eine rege Diskussion über die Frage, ob man n a c h Auschwitz noch Gedichte schreiben könnte. Adorno verneinte dies, revidierte aber seine Aussage nach Lektüre der Todesfuge. Schon der Begriff "sampeln" zeigt in diesem Zusammenhang eine emotionale Abtrennung von der Vergangenheit, als sei sie nur noch Material, das man beliebig montieren könne.
Die "Todesfuge" mit allerlei nützlichen Erklärungen und Kommentaren kannst du u. a. nachlesen bei www.celan-projekt.de

malipp - 9. Okt, 21:27

Darf Lyrik verständlich sein? Ja, solange es nicht auf eine Sammlung von Allgemeinplätzen hinausläuft

1. Darf Lyrik verständlich sein? Ja, solange es nicht auf eine Sammlung von Allgemeinplätzen
hinausläuft.
Muss Lyrik immer Nebelbomben werfen? Nein, aber von Zeit zu Zeit kann es erforderlich sein, Erwartungshaltungen der Leser/Zuhörer zu unterlaufen.
Wie trivial darf Lyrik sein? Gegenfrage: Wie trivial darf Prosa sein?

2. Darf man Celan sampeln?
Gegenfrage: Was heißt "Sampeln" in Bezug auf Lyrik?
Nehme ich die originellsten Wortschöpfungen/Bilder von Celan und baue daraus
einen Text und sage, das ist mein?
Darf man NACH CELAN noch Metaphern verwenden?
Theodor W. Adorno lässt grüßen, aber eine Lesebühne ist wohl kein Philosophenklub.

3. Sollten romantische Töne in der zeitgenössischen Lyrik ein Tabu sein?
Nicht unbedingt, wenn z.B. romantische Töne gebrochen, persifliert werden.

4. Ist Pathos in der Lyrik überholt?
Gegenfrage: Wofür gibt es denn National- und Fussballhymnen, Schlager etc.?
Wer Pathos braucht, kann sich dort befriedigen.

5. Warum macht Lyrik manche Hörer so wütend?
Dafür kann es x Gründe geben: Die Lyrik kann so schlecht sein, oder
ein Autor kann auch gewollt provozieren, dass der Leser/Hörer wütend wird.
Der Leser/Hörer kann andere Textgattungen oder auch andere Autoren vorziehen
und sich ärgern, dass sie solange warten müssen...

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